Wiler SVP-Fraktionspräsident zur Abwahl von Ursula Egli: «Böse Zungen sagen, nun geht zwei Jahre nichts im Baudepartement»

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Tagblatt, Alain Rutishauser

Die SVP hat nach der Abwahl von Ursula Egli keinen Sitz mehr im Wiler Stadtrat. Im Interview spricht SVP-Fraktionspräsident Benjamin Büsser über die Gründe der Abwahl, den Werkhof und darüber, ob der Umgangston im Stadtparlament nun ruppiger werde.

Am Sonntag wurde Ursula Egli, Vorsteherin des Departements für Bau, Umwelt und Verkehr (BUV), nicht wieder in den Wiler Stadtrat gewählt. Ihr Nachfolger wird Manuel Nick (SP). Damit hat die SVP keinen Sitz mehr im Stadtrat. SVP-Fraktionspräsident Benjamin Büsser hat mit dieser Zeitung über den Wahlsonntag und dessen Folgen gesprochen.

Am Montag haben Sie eine Anfrage für ein Statement zum Wahlsonntag ausgeschlagen. Weshalb?

Benjamin Büsser: Wir mussten das Ergebnis in der Fraktion besprechen und etwas sacken lassen. Eine sofortige Reaktion ist nicht immer schlau.

Wäre eine sofortige Reaktion zu emotional ausgefallen?

Es hatte nicht unbedingt mit den Emotionen zu tun. Ich wollte den Sonntag zuerst noch genauer analysieren – die Anzahl Stimmen und wer wie gestimmt hat. Bis Montag war die Zeit dafür zu knapp.

Wie haben Sie den Wahlsonntag erlebt?

Selbstverständlich akzeptieren wir die Wahl und nehmen das Ergebnis zur Kenntnis. Aber wir sind enttäuscht, das ist unbestritten.

Kam die Abwahl von Ursula Egli überraschend?

Ja und nein. Wir wussten, dass wir unsere Wählerschaft gut mobilisieren konnten. Aber Mitte- und Linkswähler haben das zweite Kreuz eher bei der FDP als bei der SVP gesetzt. Die Konstellation der Kandidierenden hat aus unserer Sicht den Ausschlag gegeben. Nebst der Kampagne, die gegen Ursula Egli gefahren wurde.

Sie meinen die Mobbing-Vorwürfe, die gegen Ursula Egli im Raum standen?

Genau. Ihre Zeitung hat sich extrem auf diese Vorwürfe konzentriert und diese aus meiner Sicht aufgebauscht. Dies hatte sicherlich Einfluss auf das Wahlergebnis.

Dann sind Sie der Meinung, dass die Berichterstattung das Zünglein an der Waage für die Abwahl von Ursula Egli war?

Es ist ein Erklärungsversuch. Die negativen Berichte werden sicherlich die ein oder andere Wählerin umgestimmt haben. Man darf nicht vergessen: Ursula Egli wurde ein Jahr lang regelmässig seitens der Zeitung schlecht gemacht.

Es waren ja nicht nur die Mobbing-Vorwürfe. Egli stand auch wegen der Kosten des neuen Werkhofs in der Kritik. Und weil kein Plan B ausgearbeitet wurde.

Das Wahlergebnis zum Werkhof war für mich eine riesige Überraschung. Zumal es eine ganz kleine Gruppe war, die sich gegen den Baukredit ausgesprochen hat. Dass diese es schafft, ein solches Projekt zu Fall zu bringen, zeigt, dass das Parlament keinen guten Job gemacht hat. Für uns Parlamentarier ist das Ergebnis eine riesige Ohrfeige.

Wie ist es möglich, dass eine angeblich kleine Gruppe eine Abstimmung kippen konnte?

Auch wir haben die Kosten kritisch beäugt, aber vielleicht haben wir den Effekt nach aussen unterschätzt. In den Medien ist regelmässig zu lesen, wie schlecht es um die Finanzen von Bund und Kanton steht. Das bleibt bei der Wählerschaft hängen. Auch der Autobahnausbau ist letztlich wohl an den Kosten gescheitert. Das Ergebnis beim Werkhof müssen wir ernst nehmen, auch für künftige Projekte – den Velotunnel, den Bahnhofplatz oder diverse Schulhäuser, die geplant sind.

Welches Fazit ziehen denn Sie selbst nach vier Jahren Ursula Egli?

Ich ziehe grundsätzlich ein positives Fazit. Sie war sehr nahe bei den Bürgern. Aus unserer Sicht gab es viel positives Feedback, wie sie Interessen abgeholt und versucht hat, eine unkomplizierte Art in den komplexen Verwaltungsalltag hineinzubringen.

Was hätte man besser machen können?

Das haben wir uns auch gefragt. Wir haben einen sehr aktiven Wahlkampf geführt. Ich wage sogar zu behaupten, den aufwendigsten. Vielleicht bräuchte es in Zukunft noch mehr Absprachen mit anderen Parteien. Und wir hätten bereits im ersten Wahlgang die Sache klar machen müssen. Die damals fehlenden 70 Stimmen sind nun eine grosse Last.

Welches sind die Erwartungen der SVP an den neu gewählten Stadtrat?

Wir wünschen den beiden Neugewählten viel Erfolg im Amt. Manuel Nick, neuer BUV-Vorsteher, soll nun aufzeigen, was er besser kann als seine Vorgängerin, so wie er es mehrfach gesagt hat. Darauf sind wir natürlich gespannt. Wir werden seine Politik kritisch und konstruktiv begleiten. Und dort intervenieren, wo wir rein ideologische Motive anstelle von Sachpolitik erkennen.

Konkret auf Manuel Nick bezogen: Wie wird sich das Baudepartement nun wandeln?

Solche Führungswechsel sind nie gut für eine Stadt. Es geht sehr viel Know-how und Zeit verloren. Böse Zungen behaupten, nun werde sich zwei Jahre nichts im Baudepartement bewegen. Die Realität liegt wohl in der Mitte. Es wird sicher ein Jahr brauchen, bis sich die neue Konstellation eingespielt hat.

Die SVP hat nun niemanden mehr im Stadtrat. Was bedeutet das für Ihre Partei?

Es ist schade, unbestritten. Aber wir kennen diese Situation. Bis vor vier Jahren mussten wir immer so arbeiten. Wir haben keinen direkten Zugang mehr zum Stadtrat. Aber es ist auch eine Chance, weil wir einen politisch grösseren Spielraum haben.

Um sich darauf zu konzentrieren, eine starke Opposition zu sein, wie vom Wiler SVP-Präsidenten Andreas Hüssy angekündigt?

So konkret hat Andreas Hüssy das nicht gesagt. Er sagte lediglich, es sei eine Möglichkeit. Wir hatten vorher neun Parlamentsmitglieder, jetzt sind es zehn. Ohne die anderen Fraktionen können wir wenig erreichen. Wir haben immer die Zusammenarbeit gesucht und werden dies auch weiterhin tun.

Vonseiten eines Parlamentariers ist die Befürchtung geäussert worden, der Ton könnte nun noch ruppiger und das Klima im Parlament dadurch vergiftet werden.

Nein, das haben wir nicht vor. Im Parlament sitzen 40 Leute, die alle dasselbe Ziel haben: Sie wollen die Stadt Wil vorwärtsbringen. Das ist, was uns verbindet. Wir pflegen ein kollegiales Verhältnis zueinander, trotz aller politischer Unterschiede. Wir können nach der Debatte problemlos gemeinsam am selben Tisch sitzen und Znacht essen.

Am 5. Dezember ist die nächste Sitzung im Stadtparlament angesetzt, an der das tiefrote Budget 2025 traktandiert ist. Es geht das Gerücht um, die SVP will einen Rückweisungsantrag stellen.

Es ist eine spannende Ausgangslage. Der Entscheid vom Sonntag bezüglich Werkhof wird sicherlich einen Einfluss auf den Finanzplan und das Budget haben. Wir haben unser Vorgehen noch nicht definitiv festgelegt. Falls wir Anträge stellen, werden wir diese ganz ordentlich den Parlamentsmitgliedern einreichen.




Fraktionspräsident Stadtparlamentarier
Beni

Benjamin Büsser