Tagblatt
Eine Volksabstimmung und ein «Kathi-Artikel» im St. Galler Volksschulgesetz: Gut eine Woche nach dem Bundesgerichtsurteil gegen die heutige Form der Mädchensekundarschule St. Katharina in Wil prescht die SVP vor. Nachträglich relativiert Parteipräsident Andreas Hüssy: «Es geht uns darum, die Richtung zu skizzieren.»
Erst die Ablehnung des neuen Schulvertrags durch das Stadtparlament im November und nun das Urteil aus Lausanne. «Ein Scherbenhaufen», sagt SVP-Präsident Andreas Hüssy Bezug nehmend auf die am Freitag versandte Medienmitteilung. Darin kündigt die Partei die Prüfung einer städtischen Volksinitiative an, mit der das Kathi als Teil der Wiler Oberstufe in der Gemeindeordnung verankert werden soll. Dabei sollen die wesentlichen Elemente des zwischen Stadt und Kathi-Stiftung ausgehandelten und vom Parlament abgelehnten Vertrags vom 27. März 2024 übernommen werden. Dieser sieht unter anderem die Beschulung von Mädchen und Knaben vor – allerdings getrennt, was laut Bundesgericht nicht verfassungskonform ist.
Kathi-Frage entpolitisieren
Wozu konkret sollen die Stimmberechtigten denn Stellung nehmen? Der Inhalt der Initiative könne erst nach Vorliegen der schriftlichen Begründung des Bundesgerichtsurteils und der Haltung des Stiftungsrats der Mädchensekundarschule St. Katharina festgelegt werden. «Wir kennen den Spielraum nicht, welcher die Urteilsbegründung bietet, wissen nicht, wozu das Kathi Hand bietet und inwieweit diese Zugeständnisse mit den Vorgaben aus Lausanne vereinbar sind», sagt Hüssy. «Es geht uns darum, die Bevölkerung einzubeziehen und damit die Kathi-Frage nach 30 Jahren fruchtlosen Ringens um eine tragfähige Lösung zu entpolitisieren.
Oberstufe mit dem Kathi
Die geplante Initiative lässt viele Fragen offen. Gleiches betrifft auch die Absicht der SVP, die Notwendigkeit prüfen, das St. Gallische Volksschulgesetz mit einem ‹Kathi-Artikel› zu ergänzen. Denn solche Sonderstatus – wie ihn etwa die Flade hat – will der Kanton nicht schaffen, sondern eliminieren. Dies liess der stellvertretende Generalsekretär des kantonalen Bildungsdepartements und Projektleiter der Totalrevision des Volksschulgesetzes, Roger Trösch, vor gut einem halben Jahr diese Zeitung wissen: «Ziel der Revision ist es, das über vierzig Jahre alte Volksschulgesetz von Sonderregelungen zu entschlacken.»
Vorschneller Aktionismus nach dem Urteil aus Lausanne? Andreas Hüssy weicht aus, sagt: «Es geht uns darum, jetzt die Richtung zu skizzieren.» Ziel sei es zu verhindern, dass der Stiftungsrat das Handtuch wirft, im Sinne von: Schaut selber, was ihr mit den 150 Schülerinnen macht. Dabei setzt die SVP auf die Unterstützung der Mitte, der es «einzig um die qualitativ gute Beschulung der Oberstufenschülerinnen und -schüler und deren Zukunftsaussichten geht -mit dem Kathi.» (ahi)