«Weder mittel- noch langfristig möglich»: Wiler Stadtrat schliesst flächendeckende Umstellung auf Unterflurbehälter aus

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Tagblatt, Michael Nittnaus

Am 6. März zeigt sich im Stadtparlament, wie breit abgestützt der Wunsch nach Unterflurbehältern in Wil wirklich ist. Der Stadtrat lehnt die entsprechende Motion der FDP dezidiert ab und will bei der Hausabholung des Kehrichts bleiben.

Der Zweckverband Abfallverwertung Bazenheid (ZAB) kümmert sich um den Müll von 33 Gemeinden in den Regionen Fürstenland, Wil, Toggenburg und Südthurgau. Für den Verband und 32 seiner Trägergemeinden heisst die Zukunft klar: Unterflurbehälter (UFB) statt traditionelle Haus-zu-Haus-Müllabfuhr. Bis 2026 werden 1400 UFB installiert und eine fast flächendeckende Abdeckung erreicht sein. Dies entspricht auch einem Grundsatzentscheid der ZAB-Delegierten von 2016, den Bau von UFB über zehn Jahre mit insgesamt 16 Millionen Franken zu subventionieren.

Nur ein Ort schert aus: Wil. Hatte der Stadtrat im vergangenen Herbst gegenüber dieser Zeitung die Türe zu einer Systemumstellung noch einen Spalt weit offengelassen, knallt er sie nun mit voller Wucht zu. Eine Motion von alt FDP-Stadtparlamentarier Urs Etter, welche die flächendeckende Bestückung Wils mit Unterflurbehältern fordert, beantragt die Exekutive, für nicht erheblich zu erklären. Das letzte Wort hat aber das Stadtparlament, das den Vorstoss an der kommenden Sitzung vom 6. März beraten wird.

Stadtrat sieht durchaus Nachteile des alten Systems

In seiner immerhin fünfseitigen Antragsbegründung legt der Stadtrat dar, weshalb er beim Haushaltkehricht am klassischen Holsystem festhalten möchte, dass die Abfallsäcke vor die Haustüre gestellt und von der Müllabfuhr abgeholt werden. Dabei anerkennt er, dass das System durchaus Nachteile mit sich bringt. So ist die Abfallentsorgung nur jeweils in einem engen Zeitfenster möglich, die Säcke stehen länger auf dem Trottoir und können von Tieren aufgerissen werden. Auch sei die Kehrichtabfuhr für das Wiler Werkhofpersonal körperlich belastend.

Als «bedeutenden Vorteil» sieht der Stadtrat aber, «dass der Kehricht direkt vor die Haustür gestellt werden kann, was vor allem auch für ältere und Menschen mit Behinderungen sowie nicht motorisierte Personen vorteilhaft und somit die bequemste Art der Entsorgung ist».

Letztlich wird im Bericht aber vor allem eines klar: Der Antrag des Stadtrates fusst nicht auf grundsätzlicher Ablehnung von Unterflurbehältern. So hätten ZAB-Gemeinden, die das UFB-Konzept bereits flächendeckend umgesetzt haben, bestätigt, dass es ökonomische und ökologische Vorteile biete. So werden durch das Netz an fixen Containern die Sammelstrecken und die Sammeldauer verkürzt, was Emissionen reduziere und Kosten senke.

Flächendeckendes UFB-Netz kostet Wil drei Millionen

Doch die Krux ist: Diese Vorteile greifen nur, wenn Wil auf dem kompletten Stadtgebiet Unterflurbehälter einsetzt. Diese flächendeckende Umsetzung sei laut dem Stadtrat aber «weder mittel- noch langfristig möglich und realistisch». Dies aufgrund der städtebaulichen Rahmenbedingungen der Äbtestadt. Zu diesem Fazit war der Stadtrat bereits 2020 aufgrund einer Konzeptstudie durch ein Weinfelder Umwelt-Ingenieurbüro gekommen. Im aktuellen Antrag hält der Stadtrat fest: «Seither hat sich nichts Entscheidendes verändert, es gibt also keine veränderten Bedingungen für eine erneute Wiedererwägung.»

Für eine Stadt wie Wil seien die Suche nach geeigneten Standorten, die Landbeanspruchung von Privaten, der Platzbedarf und verkehrstechnische Anforderungen für die Anlieferung durch Bewohnende und die Leerung der UFB herausfordernder als für eine Regionsgemeinde. Zudem werde das Kosten-Nutzen-Verhältnis zusätzlich belastet, da aufgrund des Ortsbildschutzes und der architektonischen Ansprüche ein Grossteil der UFB in Wil vollversenkt werden müsste, was teurer ist als die auf dem Land verbreiteten halbversenkten Modelle. Wil rechnet damit, dass trotz der ZAB-Subventionierung noch Kosten von rund drei Millionen Franken an der Stadt hängen blieben.

Dieser Betrag übersteige den vorhandenen Topf der «Spezialfinanzierung Abfallbeseitigung» deutlich, der aktuell knapp eine Million Franken enthält. Das Fazit des Stadtrats: «Eine flächendeckende Umsetzung ist in der angespannten Finanzlage der Stadt Wil also auch aus finanziellen Gesichtspunkten nicht zu empfehlen.» Zudem liegen 169 der 197 nötigen UFB-Standorte auf privatem Grund, weswegen der Stadtrat mit «erheblichem Widerstand der Grundeigentümer» rechnet.

Neu sitzt eine UFB-Befürworterin im Stadtrat

Daher prüfte die Exekutive auch, nur gewisse Teile Wils mit UFB auszustatten. Näher beleuchtet wurde eine Variante mit 74 Unterflurbehältern, 57 davon auf privatem Grund. Hier wären die geschätzten Kosten von 820’000 Franken durch die Spezialfinanzierung stemmbar. Für den Stadtrat überwiegen aber die Nachteile. Vor allem entfielen bei einer nur teilweisen UFB-Abdeckung die wirtschaftlichen und ökologischen Vorteile, da in Wil dann zwei Sammelsysteme parallel betrieben werden müssten.

Der Stadtrat betont zum Schluss, dass auch der ZAB rate, bei der konventionellen Kehrichtsammlung zu bleiben, wenn eine Gemeinde nicht flächendeckend auf UFB umstellen könne. Die Frage ist, wie das Stadtparlament am 6. März entscheidet. Die Motion wurde neben dem mittlerweile aus dem Parlament ausgeschiedenen Urs Etter von neun Parlamentsmitgliedern mitunterzeichnet, wobei nur Andreas Hüssy (SVP) nicht zur FDP/GLP-Fraktion gehört. Um 21 der 40 Stimmen zu erreichen, müsste die FDP also noch weitere Fraktionen an Bord holen.

Interessant: Eine der Unterzeichnenden im Oktober 2024 war Cornelia Kunz. Seit dem 1. Januar sitzt die Freisinnige bekanntlich im Stadtrat.Dieser hatte seinen Ablehnungsantrag noch im Dezember formuliert.

Präsident SVP Stadt Wil Stadtparlamentarier Mitglied Werkskommission
Andreas

Andreas Hüssy