«Wir können die Leute nicht herzaubern»: Weniger Personen wollen ins Wiler Stadtparlament als noch vor vier Jahren

Tagblatt, Simon Dudle, 17. Juli 2024

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Das Gerangel um die Sitze in der Äbtestädter Legislative war auch schon grösser. Am markantesten ist die Situation bei der SVP. Die wählerstärkste Partei hat nur 16 Kandidierende gefunden. Das sagt der Fraktionspräsident dazu.

190 wollen, 40 dürfen. So die Ausgangslage für die Wiler Stadtparlamentswahlen vom 22. September. Sechs Personen weniger als bei der letzten Wahl vor vier Jahren sind auf den Listen. Der Rückgang ist moderat. Bei genauer Betrachtung fällt aber schon auf, dass gewisse Parteien bei der Personensuche zu kämpfen hatten.

Am auffälligsten ist die Situation bei der SVP. Sie besetzt aktuell 9 der 40 Sitze des Wiler Stadtparlaments und ist somit so stark vertreten wie keine andere Partei. Ziel ist, einen weiteren Sitz dazuzugewinnen, womit jeder vierte Sitz der Volkspartei gehören würde. SVP-Fraktionspräsident Benjamin Büsser sagt: «Wenn man die diesjährigen Kantonsratswahlen als Gradmesser nimmt, hätten wir elf oder allenfalls gar zwölf Sitze zugute.»

Nur zwei Frauen auf der SVP-Liste

Doch die Partei tritt mit gerade einmal 16 Kandidierenden an. Auch nachdem jeder und jede doppelt gelistet wurde, ist die 40er-Liste alles andere als voll. Büsser sagt: «Wir hätten gerne mehr Personen drauf. Es ist aber leider eine Realität, dass es schwieriger geworden ist, Leute für die politische Arbeit zu motivieren.» Weiter auffällig: Gerade einmal zwei Frauen sind auf der SVP-Liste. Neben Christina Rüdiger, die bereits Stadtparlamentariern ist, tritt Marlen Kardamitsis an. «Auch bei den Geschlechtern können wir nicht zaubern. Ich bin aber zuversichtlich, denn wir haben keine Listenfüller dabei, so wie vielleicht andere Parteien», sagt Büsser.

Gleichwohl: Erreicht die SVP ihr Ziel, sind 10 der 16 Kandidaten gewählt – also mehr als die Hälfte. Einige der Nichtgewählten dürften in den nächsten vier Jahren nachrutschen, wenn es bei der SVP zu Rücktritten kommt. Gibt es dereinst zu wenige Personen auf der Liste? Büsser verneint. Er geht davon aus, dass höchstens zwei Personen in der nächsten Legislatur zurücktreten könnten.

Grüne ohne Jung-Liste

Nicht nur die SVP kämpft. Die Grünen Prowil präsentieren der Wählerschaft zwar eine volle 40er-Liste, ohne Personen doppelt aufzuführen. Allerdings gibt es dieses Jahr keine Liste der Jung-Grünen. Vor vier Jahren war dies noch der Fall gewesen und es hatten 52 Personen für die Grünen Prowil und die Wiler Jung-Grünen kandidiert.

Meret Grob schaffte damals von der Liste der Jung-Grünen den Sprung ins Stadtparlament. Nun steht sie auf der Liste der Grünen Prowil – auf dem obersten Listenplatz. Es wäre eine skurrile Situation, wenn Meret Grob nicht wiedergewählt würde. Denn sie ist aktuell Vizeparlamentspräsidentin. Sie wird also im kommenden Januar aller Voraussicht nach höchste Wilerin – Parlamentswiederwahl im September vorausgesetzt.

Frauenanteil bei 40 Prozent

Auffällig ist auch: Alle 40 aktuellen Stadtparlamentarierinnen und Stadtparlamentarier kandidieren erneut. Es zeigt sich deutlich, dass anstehende Rücktritte schon vor den Gesamterneuerungswahlen vollzogen werden, um nicht mit neuen, weniger bekannten Personen ins Rennen steigen zu müssen.

Eine weitere Auffälligkeit: Deutlich mehr Männer als Frauen treten an. 115 der 190 Kandidierenden sind Männer, was einem 60-Prozent-Anteil entspricht. Und würden nicht die vornehmlich linken Parteien den Frauenanteil massiv nach oben drücken, wäre das Missverhältnis noch deutlicher. Auf der SP-Liste ist der Männer-Frauen-Anteil ausgeglichen. Bei den Grünen Prowil, der Juso und auch bei der EVP hat es mehr Frauen drauf. Auf den anderen Listen ist der Männeranteil zum Teil massiv höher – nicht nur bei der SVP. Die GLP tritt mit elf Männern und einer Frau an, bei der FDP sind es 17 Männer und 3 Frauen, bei den Jungfreisinnigen 16 Männer und 3 Frauen.

Bronschhofen stärker vertreten als Rossrüti

Es kandidieren doppelt so viele Personen aus Bronschhofen (30) wie aus Rossrüti (15). Diese 45 Kandidierenden stehen 132 Personen aus dem Gebiet der ursprünglichen Stadt Wil gegenüber. 13 Personen auf den Listen wohnen momentan ausserhalb des Gemeindegebiets. Dass Bronschhofen stärker vertreten ist als Rossrüti, erstaunt nicht, da Bronschhofen mit knapp 5000 Bewohnenden deutlich grösser ist als Rossrüti mit rund 1500 Einwohnern.

Fraktionspräsident Stadtparlamentarier
Beni

Benjamin Büsser